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Sonntag, 5. Juni 2016

Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten





Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten

Immer wieder werden neue digitale Angebote heftig diskutiert.
Im Moment ist es unter anderem der Vermittlungsdienst Uber, der die Taxi-Branche revolutionieren will oder auch die Internet-Plattform Airbnb, die die Hotelbranche durch Angebote privater Vermieter vor allem in den Städten stark herausfordert.
Bei beiden Online-Angeboten erwägt der Bund ein gesetzliche Regulierung oder gar ein Verbot. Aus meiner Sicht ist das falsch, denn der Fortschritt lässt sich nicht aufzuhalten! Das war schon immer so.


Wissenschaft und Technik haben uns in den letzten Jahrhunderten eine epochale Entwicklung gebracht. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Geschichte von der Gotthard-Kutsche hin zum in dieser Woche eingeweihten Gotthard-Basistunnel – eine wahre Meisterleistung staatlicher Weitsicht, unternehmerischen Denkens und intelligenten Handelns.
Von der Pferdestärke über die Dampfmaschine bis hin zur Elektrizität, der technische Fortschritt setzte auch eine 'Industrielle Revolution' in Gang, von der die Menschheit in überwiegendem Masse profitierte.
Als Beispiel nenne ich hier den Quantensprung von den handbetriebenen Webeinrichtungen des 18. Jahrhunderts über die ersten funktionsfähigen mechanischen Webstühle des Engländers Edmund Cartwright bis hin zur heute weltweit schnellsten Webmaschine der Welt, der Mehrphasenwebmaschine M8300 von Sulzer-Textil.
Dieser Erfindergeist brachte der Schweiz durch Innovation und Mut einen grossen Wohlstand und weltweiten Erfolg. Sie zeigt aber auch explizit die dunklen Seiten der technischen Entwicklung. Die Textilfabriken brachten zwar Arbeit und Wohlstand in die Ostschweiz, aber durch die Produktionsverlagerungen in Ausland auch wieder Arbeitslosigkeit und materielles Leid. Anderseits profitieren wir wieder, wegen der menschenverachtenden Ausbeutung von Arbeitskräften in Asien, durch die billige Kleidung. Welches ist nun der Fortschritt?

Auch die 'Digitale Revolution' wird die Welt auf den Kopfstellen, genau so wie es die Industrielle tat. Und, auch sie wird sich durch nichts aufhalten lassen. Elektronische Prozesse und  Automatisierungen, aber auch künstliche Intelligenzen und Robotik werden unsere Arbeit und den Alltag entscheidend verändern. In wenigen Jahrzehnten werden selbstfahrende Fahrzeuge, helfende Roboter und men­schen­lose Arbeitsplätze weitgehend Alltag sein. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Hälfte der heutigen Jobs verschwinden werden. Daran können auch Verhinderungsgesetze oder Verbote nichts ändern.

Doch seit der Erfindung der Dampfmaschine ist das ständig so und die Menschen haben trotz der Automatisierung immer wieder Jobs gefunden. Wir sollten einfach aus den Fehlern der Industrialisierung lernen und sie nicht wiederholen.  

So muss bereits jetzt unsere gesamte Ausbildung angepasst werden. In Zukunft werden Kreativität und soziale Kompetenzen  gefragt sein. Das Auswendiglernen von allgemeinem Wissen, von Formeln, Daten und Zahlen wird nicht mehr benötigt. Dafür werden in Zukunft Visionen, Ideen, Überzeugungsarbeit, Teamarbeit, Führung, Motivation, aber auch Enthusiasmus, Empathie, Pflege und Rücksicht gefragt sein. Auch die gesamte Lebensgrundlage muss revolutioniert werden – ein ausgeklügeltes bedingungsloses Grundeinkommen wäre ein guter Ansatz dazu. Aber dafür müsste wiederum das Steuerwesen grundlegend umgekrempelt werden. Statt menschlicher Arbeit müssten Prozessoren und Gewinne besteuert werden und statt dem Einkommen müsste der Verbrauch abgabepflichtig sein (Mehrwertsteuer). Dazu müssten in der Übergangsphase durch Verordnungen die Spiesse für alle Beteiligten gleich lang gemacht werden. Auch müsste Wucher, also über­ris­sene Gebühren und Kommissionen der online-Anbieter, genau so wie bei den Banken, beschränkt werden.

Der Entwicklung lässt sich nicht aufhalten, denn keiner will heute mehr zurück zum Lastenträger am Gotthard, zum Meldeläufer des Mittelalters oder nur schon zurück zur Telefonkabine als einzige Telekommunikationsmöglichkeit. Auch die Fortschritte in der Chemie und der Medizin will keiner mehr missen.

Aber man muss diese Veränderungen mit Weitsicht und Fingerspitzengefühl zum Wohle der gesamten Menschheit und erträglich für die Umwelt gestalten.



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