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Freitag, 16. Januar 2015

Der Marsch – ein Filmtipp





Der Marsch – ein Filmtipp zum Thema: Flüchtlinge


Flüchtlinge, ein beherrschendes Thema in unserer Zeit.
Die Schlagzeilen dazu sind abscheulich, die Bilder sind aufwühlend und die Meldungen machen mich betroffen!

Zum Beispiel am 31. 12. 2014:
Während wir uns auf den Jahreswechsel im feinen Ambiente vorbereiten, liesst man:
Geisterschiff "Blue Sky M":
Im Mittelmeer kann die italienische Küstenwache am Vormittag ein führerloses Schiff, acht Kilometer vor der Küste der Region Apulien stoppen und damit eine lebensgefährliche Kollision mit den Felsen verhindern. Das Schiff war vom türkischen Hafen Mersin in der Nähe der syrischen Grenze gestartet. Die Flüchtlings-Schleuser hatten  das vierzigjährige Frachtschiff unter Moldauischer Flagge vor der Küste verlassen und führerlos dem Schicksal überlassen.
Darin hockten 768 syrische Flüchtlinge – Frauen, Männer, Kinder – wie Vieh zusammengepfercht auf dem nackten Boden. Waschgelegenheiten sieht man keine, genau so wie Toiletten die ihren Namen verdienten. Wie eine Überfahrt unter diesen menschenunwürdigen Bedingungen vonstatten geht, lässt sich nicht einmal erahnen.

Zwei Tage später, am 02.01.2015:
Geisterfrachter "Ezadeen"
360 syrische Flüchtlinge (232 Männer, 54 Frauen, 74 Kinder) treiben in Seenot in einem 73 Meter langen, führerlosen Viehtransporter bei rauer See vor der italienischen Küste Der rund 50 Jahre alte Rost-Kahn ist manövrierunfähig und hat weder Treibstoff noch Elektrizität. Auch hier sind die Verhältnisse auf dem Schiff katastrophal, wie Bilder zeigen. 


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Nun werden Menschen also bereits in alten, verrosteten Vieh-Containern zu uns verschifft; und das wird sich bestimmt noch ausweiten. Gerade jetzt, wo die syrischen Nachbarländer (z.B. der Libanon mit einem Flüchtlingsanteil von über 20%) die Einreise und den Aufenthalt erschweren.

Menschenschmuggel auf Geisterschiffen als "einen neuen Grad der Grausamkeit" der Schleuserbanden! Menschenunwürdiger geht es fast nicht mehr. Zudem - hatten wir ähnliches nicht schon einmal mit Viehwagons auf Geleisen….?

Der einzige Vorteil dieses "neuen Geschäftsmodells" ist, dass die Überfahrt im Frachter bei schlechtem Wetter etwas sicherer ist, als in den kleinen Fischer- und Schlauchbooten. Denn diese Boote sinken oft, weil sie heillos überfüllt sind oder weil sie durch die Schmuggler gezielt beschädigt werden. Auch werden die Flüchtlinge manchmal zum Sprung ins kalte Wasser gezwungen, um die italienische Marine zum Eingreifen zu erpressen.


Allein im letzten Jahr (2014) ertranken bei der Überfahrt 3419 Menschen von den rund 207’000 Flüchtlingen, die versuchten über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. In den letzten, knapp 30 Jahren waren es nach UN-Angaben sogar 21'344 Menschen, die auf ihrer Flucht übers Mittelmeer ihr Leben verloren haben.
Das ist eine mittelgrosse Schweizer Stadt!
Dabei handelt es sich um „offizielle“ Zahlen. Aber gerade im dunklen Schlepper-Geschäft, sind die Zahlen wahrscheinlich viel höher, denn diese Machenschaften sind sehr einträglich. So bezahlen diese Flüchtlinge den internationalen Schleppern zwischen 5000 und 8000 Dollar für die Überfahrt im ausrangierten Viehcontainer. Ein Millionengeschäft! Das bringt mehr ein, als Vieh zu transportieren und deshalb ist der Flüchtlingstransport auch für grosse kriminelle Organisationen sehr rentabel.


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Was müsste man dagegen tun?
Ich meine, dass die Weltgemeinschaft diese enormen Flüchtlingsbewegungen nicht einfach den benachbarten Ländern überlassen kann. Das sind doch meistens selber Entwicklungsländer mit ärmsten Verhältnissen und desolaten, wirtschaftlichen Zuständen. Trotzdem leisten diese sogenannten „Zufluchts-Länder“ bereits jetzt enorm viel im Flüchtlingswesen:
Denn 2013 befanden sich weltweit fast 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht.
Das heisst, ganz Spanien auf der Flucht - oder mehr als die Hälfte der Einwohner von Deutschland oder sechs mal mehr, als die ganze Schweiz Einwohner zählt!

33,3 Millionen davon sind sogenannte "Binnenvertriebene".

Sie fliehen innerhalb ihres eigenen Landes, ohne dabei internationale Landesgrenzen zu überschreiten. Die Länder mit den meisten "Binnenvertriebenen" sind:
Syrien (6,5 Mio.) - Kolumbien (5,3 Mio.) - DR Kongo (2,9 Mio.) - Sudan (1,8 Mio.) - Somalia (1,1 Mio.)

16,7 Millionen gelten nach völkerrechtlicher Definition als Flüchtlinge, denn sie verlassen den eigenen Staat. Die grössten Herkunftsländer von Flüchtlingen sind: Afghanistan (2,5 Mio.) - Syrien (2,4 Mio.) - Somalia (1,1 Mio.) - Sudan (649’300) -

DR Kongo (499’500)

Neun von zehn dieser Flüchtlinge (86 %) leben in benachbarten Entwicklungsländern, da die meisten Flüchtlinge lediglich von einem, in ein angrenzendes Nachbarland fliehen. Die fünf grössten Aufnahmeländer von Flüchtlingen sind: Pakistan (mit 1,6 Mio.) - Iran (857’400) - Libanon (856’500) - Jordanien (641’900) - Türkei (609’900)
Zum Vergleich: in Deutschland lebten Ende 2013 : 334’857 und in der Schweiz 74’673 Flüchtlinge. Europa nimmt also vergleichsweise wenige Flüchtlinge auf.

Bei rund 16 Mio., dieser 51.2 Mio., die weltweit auf der Flucht sind, spricht die UNO von Menschen, die auf lange Sicht nicht mehr in ihre Heimatländer zurückkehren können und auf Gastländer für immer angewiesen sein werden.

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Ich meine, dass bei diesen eindrücklichen Zahlen von 2013, die im letzten Jahr noch um einiges angestiegen sind, die Weltgemeinschaft und insbesondere auch die reichen Industriestaaten mehr für diese Flüchtlinge tun müssen. Es kann doch nicht sein, dass wir zusehen wie sich das Flüchtlingsdrama täglich verschlimmert.

Die grauenhaften Auseinandersetzungen können wir scheinbar nicht stoppen, das haben die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte gezeigt.
Kriege, religiöse und rassistische Verfolgungen, Folter, Vergewaltigungen oder drohende Todesstrafen zwingen darum Millionen von Menschen ihre Heimat zu verlassen. Ist das nicht irgendwie verständlich, würden wir nicht gleich handeln?
 

Darum braucht es einfach bedeutend grössere, wirtschaftliche Hilfen für die umliegenden Aufnahmeländer, damit diese enormen Flüchtlingsströme dort zurückgehalten werden könnten. Denn was macht es für einen Sinn, dass diese Menschen zu Hunderttausenden einen teuren und lebensgefährlichen Weg auf sich nehmen, um hier dann äusserst kostspielig untergebracht werden zu können? 
Mit diesen enormen finanziellen Mitteln, die hier für die Flüchtlinge eingesetzt werden müssen, könnte in den angrenzenden Staaten ein Vielfaches bewirkt werden. Dadurch könnte man auch sehr viel mehr Flüchtlingen helfen und ihre Lage verbessern. Zudem sind das nebenbei gute Investitionen in wirtschaftlich arme Gebiete – eine sinnvolle Art der Entwicklungshilfe. Natürlich müsste dieser Geldfluss, sowie die Organisation und der Betrieb dieser Flüchtlingscamp durch erfahrene, westliche Helfer überwacht und kontrolliert werden – genauso wie hier auch.

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Nicht als Flüchtlinge definiert werden Personen die auf Grund von Hunger, Armut, Umweltkatastrophen, fehlender Lebensperspektiven oder aus wirtschaftlichen Gründen  ihre Heimat verlassen. Das sind ebenfalls Hunderttausende, die auf der Suche nach einer besseren Zukunft einen Weg in die „reichen“, verheissungsvollen Staaten suchen. Etwas, das viele Schweizer vor erst gut 100 Jahren genau so taten. Denn zwischen 1850 und 1914 verliessen rund 400’000 Schweizer Bürgerinnen und Bürger ihre Heimat auf der Suche nach einer „besseren Welt“ in Übersee. Das war immerhin ein Achtel der kleinen, damaligen Schweiz mit 3.2 Mio. Einwohnern.

Aber genau wie damals, verlässt auch heute noch kaum jemand seine Heimat, seine Familie und Freunde ohne persönliche oder materielle Not. Daran sind auch wir Schuld!

Denn wir lassen Menschen in der Dritten Welt wie Sklaven für uns schuften und wundern uns dann, wenn sie als Flüchtlinge zu uns kommen wollen, um es auch besser zu haben. 
Aber dagegen kann man aus meiner Sicht leicht etwas tun:
Wir bezahlen einfach einen „anständigen“ Preis für unsere Luxusgüter! - das wäre die beste, fairste und vernünftigste Entwicklungshilfe.

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Vor bald 15 Jahren habe ich zu diesem Thema einen interessanten Spielfilm gesehen, den ich seither nicht mehr vergessen habe:
Der Marsch
ein britisches Fernseh-Drama aus dem Jahr 1990.
Diese Literaturverfilmung des Regisseurs David Wheatley basiert auf einem Roman von William Nicholson über den Auswanderungsdruck aus den Entwicklungsländern.
Drastisch wird darin dargestellt, wie die Masse der Ohnmächtigen keine andere Macht mehr besitzt als die, vor unseren Augen zu sterben. Ihre Botschaft ist dabei unmissverständlich: „Wir sind arm, weil ihr reich seid. Jetzt kommen wir zu euch, damit ihr uns sterben seht.”

An die eindrücklichen Bilder dieses Spielfilms erinnere ich mich jedes Mal, wenn ich von "Flüchtlingsströmen" höre. Leider hat sich die Problematik des Films in den letzten 15! Jahren überhaupt nicht verbessert – im Gegenteil. 

Ich empfehle darum (oder trotzdem) jedem, sich den Film: "Der Marsch" auf Youtube anzusehen. Ich finde, dass er dramatisch zeigt, was geschehen könnte, wenn die Industriestaaten und die westliche Welt nicht endlich begreifen, dass wir die Flüchtlings-Probleme vor Ort und sofort lösen müssen.




:(



Sonntag, 11. Januar 2015

Diese Frage muss erlaubt sein!





Diese Frage muss erlaubt sein!


Schreckliches ist in Frankreich passiert!
Am 7. Januar 2015 erschüttert ein fürchterliches Attentat auf die Redaktionsräume der Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris ganz Europa. Die beiden islamistischen Attentäter richten dabei ein Blutbad an. Nach zwei Tagen auf der Flucht können die beiden Terroristen von der Polizei erschossen werden. Gleichzeitig nimmt ein weiteres Mitglied der Terrorzelle zahlreiche Geiseln in einem Supermarkt, nachdem er bereits tags zuvor eine Polizistin erschossen hatte. Bei der Geiselnahme werden weitere Personen erschossen. Nach einigen Stunden können die Geiseln, darunter auch Kinder, befreit und der Attentäter getötet werden.

Der Grund für diese Terrorwelle sind verschiedene, provokante Mohammed-Karikaturen, die in der französischen Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" seit 2006 regelmässig veröffentlicht wurden. Auch eine Comic-Biographie von Mohammed (La Vie De Mahomet) wurde in muslimischen Ländern als Provokation empfunden. Oft wurden diese Veröffentlichungen auch absichtlich zu einem Zeitpunkt gemacht, als die Stimmung in islamischen Ländern bereits durch andere, islamfeindliche Ereignisse oder Darstellungen mächtig aufgeheizt war.
Verschiedentlich wurde die Zeitschrift seither aus islamischen Kreisen bedroht. Im November 2011 wurde, nach dem Abdruck einer Karikatur Mohammeds auf der damals aktuellen Titelseite, ein Brandanschlag auf die neu bezogenen Redaktionsräume verübt. Im März 2013 wurde Chefredakteur Charbonnier «tot oder lebendig wegen Verbrechen gegen den Islam» „zur Fahndung“ ausgeschrieben.
Auch die französische Regierung kritisierte „Charlie Hebdo“ mehrmals für diese Karikaturen oder für den Zeitpunkt deren Veröffentlichung.

Das Magazin verteidigte stets die Veröffentlichung der Karikaturen. Die Zeichnungen würden nur diejenigen schockieren, die schockiert sein wollten. Man verwies stets auf die Rede- und Pressefreiheit und proklamierte, wie ihr deutscher Berufskollege Kurt Tucholsky: «Satire darf alles»


Darf Satire wirklich alles?


Die Diskussion um Pressefreiheit und mögliche Grenzen für Satire ist nach dem fürchterlichen Anschlag auf „Charlie Hebdo“ in vollem Gange.
Bereits wenige Stunden nach dem Terroranschlag hat die eidgenössische Medienministerin, Bundesrätin Doris Leuthard, auf Twitter die Gewalttat zwar mit ganz klaren Worten verurteilte, hielt gleichzeitig aber auch fest: «Satire ist kein Freipass». Für diese Aussage wurde sie daraufhin heftig kritisiert.
«Die Pressefreiheit ist unantastbar», sagt auch der Soziologe Kurt Imhof. Aber es gäbe eine moralisch-ethische Grenze. «Nicht alles, was erlaubt ist, ist auch gut»
Weiter führt Kurt Imhof in einem Interview bei SRF-News  sinngemäss aus:
Ursprung dieser umstrittenen Mohammed-Karikaturen ist die rechtskonservative dänische Zeitung „Jyllands-Posten“. Sie veröffentlichte die Zeichnungen ganz bewusst als anti-muslimische Aktion. Diese Bilder, sowie jene, welche «"Charlie Hebdo"» 2011 und 2012 selber machte, waren ganz einfach nicht lustig. Dass man die symbolischen Figuren von Religionsführern nackt oder mit Gegenständen im Anus zeigen sollte, halte ich weder für witzig noch für zielführend. Das ist eine Beleidigung von vielen gläubigen Menschen. Das gilt für alle Religionen.
Gleicher Meinung ist auch Islamwissenschaftler Frank Peter. Er plädiert für eine Mässigung in der diffamierenden Kritik am Islam; insbesondere in Bezug auf die Blasphemie in der Satire, unter der auch andere Religionen zu leiden hätten.
Er meint sogar in einem Artikel der Berner Zeitung: «Das Recht auf Meinungsfreiheit gilt nicht absolut»
Auch das Schweizer Satiremagazin „Nebelspalter“ distanziert sich vom «Tabubruch zum Selbstzweck». So wird Marco Ratschiller im Tagesanzeiger folgendermassen zitiert: «Satire ist nicht das beste Mittel der Stunde, um die Medienfreiheit hochzuhalten.» Zu den kritisierten Karikaturen im "Charlie Hebdo" meint er: «Das ist nicht unser Satire-Verständnis.»

Eine In­fra­ge­stel­lung der Satire als grenzenloses Mittel zu einem Religionsstreit ist aus meiner Sicht angebracht. Ich bin der Meinung, dass Satire aus moralischen und ethischen Gründen nicht alles darf! Ansonsten hat sie allein die Folgen zu tragen - was jedoch kaum realistisch ist, wie das Massaker mit vielen Unschuldigen und Unbeteiligten in Paris zeigt.
So halte ich zum Beispiel die schamlose Verunglimpfung der Muslime in der Koran-Kritik des Kolumnisten Andreas Thiel (er nennt sich selbst «anarchistisch orientierter» Satiriker) in der Weltwoche nicht für zielführend. Er macht darin den Koran für Krieg, Gewalt und Unterdrückung verantwortlich. Die Bezeichnung des Propheten Mohammed als «Sklaventreiber“, „Kinderschänder“ und „Massenmörder» unter dem Deckmantel der Satire halte ich schlicht und einfach für eine niederträchtige Hetz- und Hassschrift, die keinen Nutzen bringt. Ich meine, wer so mit dem Feuer spielt, der darf das zwar, muss sich aber nicht wundern, wenn es brennt.

Ich bin ganz klar der Ansicht, dass die Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit nicht in Frage gestellt werden darf. Sie ist die wichtigste Errungenschaft der Französischen Revolution, ein Grundpfeiler unserer Demokratie und eines der kostbarsten Menschenrechte.
Aber in Anbetracht von 20 Toten, 15 schuldlosen Schwerverletzten, hunderten Verletzten, Traumatisierten und Trauernden und nach rund 50 Stunden Ausnahmezustand muss die Frage erlaubt sein — 


war es das wert?



Bild: Pixabay Lizenz: CC0 Public Domain


:((






Donnerstag, 8. Januar 2015

Wie ich das sehe







Ich bin gerne in der Natur – fast täglich laufe oder wandere ich oder ich treibe etwas Sport. Die Natur ist für mich Entspannung und Inspiration. Ich brauche die Sonne, genau so wie die frische Luft. Ich mag die Ruhe, das wechselnde Spiel der Farben und die Harmonie. Es scheint, dass in der Natur alles seinen Platz und seine Ordnung hat. Ausgewogenheit und Gleichgewicht – ein Dasein der verschiedensten Lebewesen, die im Laufe der Jahrmillionen zu einem einvernehmlichen Miteinander gefunden haben. Ein Kommen und Gehen, ein Werden und ein Sein im Ganzen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie perfekt diese Gemeinschaft geschaffen ist, trotz der Vielfalt und der Individualität des Einzelnen. Mich dünkt oft, das ist das Wirkliche, das Wesentliche und vielleicht auch, das „Göttliche“.

Doch, ist das nicht die Sicht eines Romantikers?
Wenn man genau hinsieht, dann sieht man die Realität.
Der Kampf ums Überleben. Das Ringen gegen das Gefressen werden. Die Rivalität um Besitz und Herrschaft. Die Fehde des Schwächeren gegen den Stärkeren. Die Ohnmacht des Kleineren gegenüber dem Grösseren. Der Krieg um Futter und Platz. Der Wettkampf ums Dasein.

Ist es nicht genau so auch bei uns Menschen?
Wenn man nicht genau hinsieht, dann könnte man annehmen, 
es wäre alles in bester Ordnung – wenigstens bei uns.
Recht und Ordnung sind ja da, Nahrung und Güter gibt es im Überfluss und eine Arbeit und einen Platz haben auch (fast) alle. Alles ist friedlich und sieht so ruhig und harmonisch aus, also keine Probleme weit und breit.
Aber wenn man genau hinsieht, dann sieht man auch hier die Realität.

Ich sehe gerne genau hin.
Ich nehme mir die Zeit, mich in die Natur zu setzten und zu beobachten, wie die Ameisen in Scharen über einen armen Wurm herfallen, der er sich im Todeskampf windet. Ich verfolge mit Interesse, wie die Molche den gesamten frischen Froschlaich im Tümpel auffressen, bevor die Kaulquappen schlüpften können. Ich schaue zu, wie das Rotwild sein Revier gegen Eindringlinge oder die Raben ihre Eier gegen einen Habicht verteidigen. Ich mache mir Gedanken darüber, das eine einzelne Pflanzensorte versucht, das gesamte Bachufer in Beschlag zu nehmen und die Übrigen beinahe verdrängt. Ich sehe auch, wie sich Schädlinge, Pilze und Bakterien der Natur zusetzen können und der Kampf der Elemente sein Übriges dazu beiträgt.

Genau so, sehe ich aber auch bei uns Menschen genau hin.
Ich beobachte mit Interesse meine Umwelt, die Politik, die Gesellschaft und die Kultur. Dazu lasse ich gerne meine Gedanken kreisen, habe Fragen und suche nach Antworten und bilde mir meine eigene Meinung. Das beschäftigt mich tagtäglich.

Bisher habe ich die tagesaktuellen Geschehnisse vor allem auf Twitter kommentiert und auch Meinungen anderer weiterverbreitet (retweeting). Aber 140 Zeichen genügen meistens nicht, um seiner Meinung und seinen Gedanken richtig freien Lauf zu lassen.
Darum werde ich meine Gedanken und Meinungen in Zukunft vermehrt hier in meinem Blog niederschreiben. So, wie es der ursprüngliche Gedanke des Blogs „Gedanken(k)reise“ eigentlich war: Meine Gedanken kreisen und reisen lassen.

Dass diese Gedanken, Ideen, Meinungen und Aussagen oft widersprüchlich, unrealistisch, provokativ, falsch, dumm oder ganz verkehrt sind, das ist für einen „Querdenker“ wie mich ganz selbstverständlich. Darum werden sie auch in der Rubrik „Wie ich das sehe“ zu finden sein.
Ich hoffe, es findet Euer Interesse.





;)

Montag, 5. Januar 2015

Schnee




 
Schnee

Vor einigen Tagen gab es bei uns wieder einmal richtig Schnee - so, wie schon lange nicht mehr. In der ersten Zeit, als Wege und Bäume noch dick mit dem flaumigen Weiss überzogen waren, wähnte man sich in einem Märchenland, so wunderschön zeigte sich die glitzernde Pracht im Sonnenschein. Mir hat dieser Anflug von „tiefem Winter“ richtig gefallen.
Inzwischen sind die Wiesen bereits wieder grün, die Bäume wieder schwarz, genau so, wie die geteerten Strassen. Die meisten Autofahrer werden froh darüber sein, denn während dem Schneetreiben zwischen Weihnachten und Neujahr, waren viele von ihnen mit dem glitschigen Weiss heillos überfordert. Die Zeitungen mit den grossen Buchstaben schrieben von „Schnee-Chaos“, „Winter-Inferno“ und, „nichts geht mehr bei der Bahn und auf der Strasse“ – und das wegen 20 - 30 cm Neuschnee.
Wie hat man das bloss früher gemacht?



«Ich erinnere mich dabei an meine Kindheit, als der Schnee so hoch lag, dass wir uns, ohne das Gartentürchen zu öffnen, über den Gartenzaun auf den Schulweg machen konnten. Hüfthoch stapften wir dann dem Eisenbahndamm entlang, bis wir auf eine gepflügte Strasse kamen.
Gepflügt wurde zu dieser Zeit noch mit einem Holzpflug und zwei bis vier Pferden. Zwei dicke, mit Eisen beschlagene Bretter wurden dabei keilförmig zusammengebracht und quer dazwischen mit einem breiten Balken versehen. Mit diesem verstellbaren Spreizbalken konnte die Breite des Keilpfluges je nach Strassenbreite verengt oder erweitert werden. Je weiter vorne der Balken eingesetzt wurde, desto breiter die gepflügte Spur. War zu viel Neuschnee gefallen, musste dann jeweils eine schmalere Spur genügen, damit die vorgespannten Pferdestärken ausreichten. Aber bei dem schwachen Verkehr im Winter von damals, war das kein Problem.
Auf dem Spreizbalken war ein breites Brett angebracht, auf dem drei oder vier Männer hockten, um dem Pflug das nötige Gewicht zu geben. Dabei hielten sie ihre Schneeschaufeln aus Holz senkrecht in die Höhe, um sie nötigenfalls zum Einsatz zu bringen. Das war eine gute Einnahmequelle für die zahlreichen Bauern in unserem Dorf, die früher viel unproduktive Zeit im Winter hatten. Einen dicken „Stumpen“ oder eine „es Pfiffli“ gehörte bei den Mannen natürlich auch dazu. An den Qualm kann ich mich noch gut erinnern, er schwebte danach noch für kurze Zeit in der Luft, genau so wie der penetrante Geruch der Pferde. Manchmal gab es unterwegs für die Männer auch etwas zu trinken, wenn sie einer älteren Frau den Hauszugang freischaufelten und vereinzelt durften wir Kinder sogar ein Stück mitfahren. Ja, man hatte zu jener Zeit noch viel mehr Zeit.
Diese Holzpflüge räumten natürlich nicht so sauber wie heute und so wurde die festgefahrene Schneedecke auf der Strasse immer dicker und spiegelglatt. Das Salzen der winterlichen Strassen war bei uns damals nicht üblich. Grosse und wichtige Wege wurden gekieselt. Bei breiten Strassen jedoch nur die beiden Seitenränder und bei Schmalen nur eine. Auch mit dem Kies ging man sparsam um, zu jener Zeit. Im Frühling übrigens, wurden die Steinchen dann wieder zusammengefegt, damit sie im nächsten Winter wieder eingesetzt werden konnten. Oft war der Kies auf dem Pferdeanhänger gefroren und musste mit dem Pickel zuerst gelöst werden, bevor er gestreut werden konnte.

Diese spiegelglatten Strassen waren für uns Kinder natürlich ein ideales Spielfeld. Im Stampfacker, dem Ortsteil in der Ebene, liess sich wunderbar Hockey spielen. Oben im „Tobel“, dort wo es besonders steil war, gab es eine dutzende Meter lange, eisige Rutschbahn, und in den „Bövel“, dem Hang über dem Dorf, liess sich am Mittwochnachmittag wunderbar Skifahren und Schanzenspringen. Ganz einfach: Schnee wurde gestampft, Schanze wurde aufgehäuft und dann konnte man dem Wintersport frönen – einfach ein langes Hinaufgestiegen, für eine sehr kurze Abfahrt – die Jugend damals war schon recht anspruchslos.

Unten und oben im Dorf verbindet die „Rüfigasse“. Sie wurde für die Fussgänger nur auf einer Seite schmal gekieselt. So wurde unser langer Schulweg hinauf ins Dorf zur perfekten Schlittenpiste; und sie gehörte dann ganz uns Kindern.
Autofahrer und Anwohner hatten Rücksicht auf die „Schlittler“ zu nehmen. So unglaublich es klingt: Es wurde weitgehend respektiert. Um ins Dorf zu gelangen, machten die wenigen Autofahrer einen kleinen Umweg über die parallel verlaufende, grössere Dorfstrasse. Auf der war das Schlitteln verboten und die spitzigen Steinchen wurden dort auch grosszügiger verteilt. Die Anwohner der „Rüfigasse“ fuhren dann auch meistens im Einbahnverkehr von oben nach unten. Aus Rücksicht auf uns „Schlittler“– und, damit sie keine Schneeketten montieren mussten um die Peinlichkeit eines steckengebliebenen, „spuhlenden“ Fahrzeugs zu vermeiden. Klar, es gab auch ein oder zwei AnwohnerInnen, die das laute Treiben der Dorfjugend störte. Die streuten dann nachts ihre Asche auf die Strasse, damit man ruckartig vom Schlitten flog. Aber solche Hemmnisse wurden von uns schnell wieder entfernt oder überdeckt.
Vom Theilacker im Oberdorf bis in den Stampfacker in der Ebene – wenn die Schranke der RhB offen stand. Sonst musste man im letzten Moment noch schnell kräftig nach rechts zum Bahnhof abdrehen – aber passiert ist nie etwas, soviel ich weiss.

Damals gab es nur Holz-Schlitten, meistens „Davoser-Schlitten“ aus Eschenholz gefertigt.
 

 Davoser Schlitten


Erst später hatten die Ersten dann Schlittenmodelle aus Leichtmetall.

Beim Schlittenfahren herrscht Ordnung. Dafür sorgten die Grossen. Vorrecht hatten die „Büchler“ – die bäuchlings und kopfvoran auf dem Schlitten lagen. Gesteuert wurde mit den Schuhen und gebremst mittels Anheben der Schlittenvorderseite.
Aber die absolute Königsdisziplin war dabei die „Kettenbildung“: Bäuchlings auf den Schlitten liegend bildete man eine möglichst lange Kette, indem man jeweils im Schlitten des Hintermanns mit den Füssen einhakte. So wurden ein halbes Dutzend und mehr Schlitten miteinander verbunden. Wenn der Vorderste, meistens einer der Grossen, dann noch mit Karacho in Schlangenlinie die „Gasse“ hinunterfuhr, dann landete mehr als einer, meistens die Hintersten, auf der Strasse oder kopfvoran im Schnee.
Diese langen Ketten waren gefährlich, denn sie waren am Schnellsten unterwegs und Bremsen war kaum mehr möglich. Sie kamen dafür auch am Weitesten, weit über den Bahnübergang hinaus. Aber wehe, wenn die Barriere geschlossen war –in der engen Rechtskurve "spickte" es dann fast jeden vom Schlitten und wenn mutige Mädchen darunter waren, gab es willkommenen, engeren Kontakt zum anderen Geschlecht im nächsten Schneehaufen.

Wer aufrecht sitzend fuhr, war ein „Hosaschiesser“ oder ein Mädchen. Das mitgeführte „Milchkesseli“ war auch nur bedingt eine Ausrede dafür. So ist mancher Liter Milch auf der Strecke geblieben und manches „Pfünderli“ Brot vom Theilacker, nur in dünnes Seidenpapier gepackt, während der rasanten Dorfabfahrt im Schnee gelandet. Manchmal musste man auch eine Beule oder einen Zahnverlust beklagen, aber das änderte nichts an unserer Faszination am „Böbla“, trotz den Verboten der Erwachsenen.»

(Auszug aus den Memoiren des Herrn Oter)


Ja, die Winter mit viel Schnee waren schon eine tolle Zeit für uns Kinder.
Weisse Weihnachten war vermutlich schon damals nicht immer. Aber irgendwann kam das Weiss dann trotzdem und meistens in viel grösseren Mengen als heute. Auch war die weisse Pracht in der Regel nicht schon nach einer Woche wieder vorbei – wie in diesem Jahr, in dem man die Weihnachtsbeleuchtung am 5. Tag des neuen Jahres bei Frühlingswetter "einwintern" konnte.

Da frage ich mich, ob unsere Urenkel auch noch regelmässig weisse Wintertage erleben werden?





;)