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Montag, 31. Dezember 2007





Reden, reden, reden

"In einer Beziehung muss man sehr viel miteinander reden.
Die besten Gespräche führen wir,
wenn ich Geschirr spüle und Ladina abtrocknet.
„Dies ist ein kleiner Trost dafür, keinen Geschirrspüler zu haben.“
 

 Sagt der 31-Jährige, frisch verheiratete Ex-Mister-Schweiz 
Renzo Blumenthal
in der "Schweizer Illustrierten"




:-)

Samstag, 29. Dezember 2007

Der Weihnachtszauber ist vorbei




Der Weihnachtszauber ist vorbei




Alles ist so unglaublich geheimnisvoll und die Spannung erreicht ihren Höhepunkt. Seit Stunden ist die Türe zur Stube geschlossen und sogar durch das Schlüsselloch sieht man nichts, ich habe es ausprobiert. Das Christkind darf einfach nicht gestört werden. Mich nimmt nur Wunder, wie dieses kleine Kind - ich habe es ja mal gesehen, wie es nur mit einem kleinen Tuch notdürftig bedeckt in einer Krippe mit etwas Heu liegt - diesen riesigen Weihnachtsbaum und die Geschenke in unsere Stube bringt. Aber irgendwie wird es ja schon möglich sein. Zudem helfen ihm ja auch noch die Engel, ich weiss das, denn ich fand im letzten Jahr etwas blondes Engelshaar am Fensterrahmen. Aber Hauptsache, man hört nun endlich das feine Klingeln des goldenen Glöckleins am Christbaum - und Grossvater sagt dann: „Nun könnt ihr hineingehen“. Wie kann der nur so ruhig am Tisch sitzen und die Zeitung lesen? „Grossvati, bisch du denn gar nüt gwunderig?“ „Momol“, sagt er verschmitzt, „darum lese ich die Zeitung“.
Wenn sich die Stuben-Türe dann endlich öffnet, dann steht man - ob gross oder klein - für einen Moment staunend vor dem prachtvoll leuchtenden Christbaum. Aahh und Oohh - er fasziniert jeden. Ganz so schön hatte man ihn nicht mehr in Erinnerung, aber es ist ja auch ein ganzes Jahr her, seit man den letzten geschmückten Weihnachtsbaum gesehen hatte. Man ist fast überwältigt vom Glanz der roten Kerzen, die sich in den goldenen Kugeln widerspiegeln und dem glitzernden Lametta zwischen den grünen Zweigen. Erst nach einiger Zeit, kann man den Blick lösen und er wandert nach unten, zu den Geschenken. Aber das kommt später, nach dem Singen, dem Flötespielen und den „Versli“, die man gelernt hat.
So war es einmal, in meiner Kindheit, doch dieser Weihnachtszauber scheint heute vorbei zu sein.
Vor dem Heiligen Abend hat jedes Kind bereits Dutzende Weihnachtsbäume in Warenhäusern gesehen. Diese Baumgrösse und dieser Baumschmuck sind Zuhause nicht mehr zu übertreffen. Der Lichterglanz strahlt an jeder Hausecke und im Fernsehen hat man schon im Kindergartenalter erfahren, wie das mit dem Christkind so läuft. Welcher Erstklässler glaubt denn schon noch daran.
Schmücken darum in manchen Familien die Kleinen den Weihnachtsbaum selber - wie die Grossen? Steht darum bei einigen der Baum bereits Mitte Dezember im Wohnzimmer? Sind darum für die meisten Kinder heute, die Geschenke der einzige faszinierende Zauber am heiligen Abend? Sind darum die Erwartungen kaum mehr zu erfüllen? Fühlen sich darum einige Erwachsene nicht mehr ganz wohl an diesem Abend?
Zum Glück haben unsere Kinder keine Ahnung vom Zauber eines Heiligenabends vor fünfzig Jahren. Denn Weihnachten scheint mir heute entzaubert und dagegen kann man sich vermutlich auch nicht wehren, ausser……
…….. man lässt sich etwas Neues einfallen, für einen zauberhaften Heiligen Abend.



:-|

Dienstag, 18. Dezember 2007

Eine Laus mit Namen Claus







 


Eine Laus mit Namen Claus



Eine Laus mit Namen Claus, setzte sich auf eine eitle Maus.
Aber ihre Absicht war kein schneller Schmaus, sondern eine Maus - als ihr zukünftiges Zuhaus.
Denn so ein Umzug - schloss sie daraus, bringt durchaus ein Leben in Saus und Braus und weitaus genügend Mäuseblut, jahrein - jahraus.
Doch die Maus, rastet darüber völlig aus.
Denn diese stolze Nagetier - oh Graus - hielt eine ständige Laus nicht aus und drohte Claus mit dem Garaus.
Doch Claus wär keine rechte Laus, machte ihm das wirklich etwas aus.
So dachten sich die kleine Maus und ihr Freund der nette Strauss, eine böse List - gegen lästige Mitbewohner aus.
Ersticken, so sah für sie die beste Lösung aus, drum setzte sich dazu der dumme Strauss, auf die arg gequälte Maus.
Doch die clevere schnelle Laus nahm vorher übereilt Reissaus und das Resultat war nun - eine platt gedrückte Maus.
Und Claus, die einfallsreiche Laus - fand auf dem Strauss endlich ihr neues Zuhaus.
Und sie wollte nun ganz hoch hinaus, bis ins Haar von diesem Strauss.
Und damit lebt sie nun als Kopflaus, stolz hoch oben, wie in einem Hochhaus und nennt sich fortan nur noch Stanislaus.
Und jetzt ist diese Geschichte aus.
Gibt es nun Applaus?

PS. Übrigens ist Claus, geboren im Örtchen Laus in der Gemeinde Sumvitg im Kanton Graubünden (Schweiz)
Copyright by Herr Oter


:-)

Montag, 17. Dezember 2007

Das Mädchen am Fluss



Das Mädchen am Fluss



Das glasklare Wasser umschmeichelt ihre Füsse wie ein silbriger Seidenschal. Sie hatte die Hosenbeine hochgekrempelt und weisse Waden waren dabei zum Vorschein gekommen. Durch die eisige Kälte des Wassers sind ihre winzig kleinen Füsse inzwischen rot geworden und mit viel Fantasie sehen sie zwei grossen Flusskrebsen ähnlich. Aber Anna spürt die Kälte nicht, so sehr ist sie in Gedanken versunken. Sie weilt, weit weg von hier, am anderen Ende der Welt, im Land ihrer Sehnsucht.

Mit den Händen fährt sie durch die Kiesel am Rand des Bächchens und lässt die farbigen Steinchen durch die Finger gleiten. Diese Vielfalt fasziniert sie. Jeder eine andere Farbe, eine neue Form, ungleiche Grössen. Und trotz ihrer Unterschiedlichkeit haben sie etwas gemeinsam. Sie sind gleichwertiger Teil dieser Uferböschung und können in diesem Mosaik auch sein was sie sind, einfach nur Steine.
Wieso kann es bei ihr nicht auch so sein? Warum wird sie hier nicht so akzeptiert wie sie ist? Fremd, andersartig und doch ein wertvoller, brillanter Kristall in einem bunten Bild.
Manchmal hebt Anna die gefüllten Hände aus dem Wasser um die glitzernden Steine in der Sonne besser betrachten zu können - aber auch, damit sich ihre Hände in der bereits kräftigen Frühlingssonne wieder etwas erwärmen. Sie kann sich kaum satt sehen an den leuchtenden Farben einzelner Kiesel und sie fragt sich, wo sie ihren Ursprung haben. Wenn sie den Kopf hebt und die hohen, fast schwarzen Berge ansieht, dann muss sie annehmen, dass diese kleinen farbigen Klinker in ihrer Hand von weiter her angeschwemmt wurden und sie wie Anna eine weite Reise hinter sich haben. Vermutlich haben sie auch besondere Namen - schöne Namen - nicht ganz leicht auszusprechen und trotzdem hat man sie ihnen gelassen.
Aber Anna gefällt inzwischen auch Anna und sie hat sich unterdessen daran gewöhnt.
Selbst das gewöhnliche Sedimentgestein, diese kleinen, graue Felsstückchen, durch den Transport jetzt schön gerundet, werden beim näheren Betrachten zu kleinen Kunstwerken. Durchzogen von feinen Linien und durchsetzt von weissen oder schwarzen Flächen mit Schattierungen in verschiedenem Grau. Das abtropfende Wasser lässt sie noch prächtiger erscheinen und Anna kann sich kaum vorstellen, dass sie einmal Teil dieser mächtigen Berge waren, die ihr so oft grosse Angst machen, weil sie für Anna etwas Fremdes sind.
Anna gehörte früher, als sie noch einen anderen Namen hatte, auch zu etwas Grossem. Sie war Teil einer vielköpfigen Familie, Mitglied eines ganzen Dorfes und Ureinwohnerin eines schönen Landes. In dieser Gemeinschaft war sie Daheim, dort hatte sie sich geborgen gefühlt.
Doch dann wurden sie geteilt, auseinander gerissen, in verschiedene Welten geschossen und Anna hatte dafür gekämpft, dass sie in der Welt der Lebenden bleiben konnte. Sie hatte sich, klein wie sie war, unbemerkt unter ihren Vater geschoben, in seinem Blut gelegen, umringt von leichenblassen Geschwistern, verwesenden Verwandten. Sie hörte die Schreie der Mutter, das Wimmern der Frauen, die Schüsse der Soldaten und spürte den Druck eines weiteren leblosen Körpers auf ihrem. Sie brauchte nichts zu sehen, um zu wissen, dass es nie mehr so sein konnte wie es war.
Anna gefällt die Buntheit der Steine, denn nur zusammen ergeben sie dieses schöne Bild. Keinen will sie wegnehmen und so taucht sie die Hände wieder ins Wasser und nachdem sich die immer grösser werdenden Ringe allmählich verloren haben und die ruhige Oberfläche zum Fenster und Spiegel zugleich wird, sieht sie im Wasser, ein Gesicht sich widerspiegeln. Es ist nicht das anmutige Gesicht, das man von einem Mädchen mit Mandelaugen erwartet. Es ist gezeichnet vom Feuerschein eines brennenden Dorfes, nachgebildet durch unzählige Operationen. Das lange, schwarze Haar, das früher die Wasseroberfläche berührt hätte, trägt sie nun kurz und es muss auch ab und zu abgenommen werden.
Das Gesicht gehört zu Anna und doch ist es nicht das ihre. Ihr Gesicht hat sie verloren, für immer. Dieses hier, das sie nun trägt, ist modelliert wie eine Maske, die Haare ersetzt durch eine Perücke und am Oberkörper viel fremde Haut und das Ganze versehen mit einem fremden Namen. Das ist Anna.
Ihr Sein trügt, ihr Schein führt andere hinters Licht, damit ihr wahres Ich im Dunkeln bleibt. Nie zeigt sie ihr wirkliches Gesicht, wie sollte sie auch. Sie lügt anderen etwas vor und nur allzu oft - auch sich selber. Sie ist so, wie man es von ihr erwartet - glücklich, dass sie vermutlich als Einzige überlebt hat. Dankbar, dass sie gerettet wurde und froh, dass sie hier sein darf. Eine Fremde - Daheim, bei ihren neuen Eltern, eine Fremde - auf den Strassen ihrer neuen Heimat.
Was willst du denn noch mehr, Anna? Hauptsache, dass du lebst und dass du hier sein darfst.
Du solltest damit zufrieden sein- oder nicht?




:-(

Dienstag, 11. Dezember 2007

Montag, 10. Dezember 2007



Innere Werte!
 

Liebling, du hast Recht! Ich denke auch, dass die „Inneren Werte“ - wie Bescheidenheit, Genügsamkeit und vor allem Zufriedenheit - das Wichtigste und Kostbarste ist, das ein Mensch besitzt. Es ist schlussendlich DAS Entscheidende im Leben. Ich bin mit dir einig, dass im Prinzip Äusserlichkeiten - wie Macht, Geld und Schönheit - sicher, langfristig gesehen, überhaupt keine Rolle spielen.

Übrigens, auch wenn du nun nicht mehr in der Öffentlichkeit stehst, weil du ja leider nicht mehr gewählt wurdest, könntest du trotzdem wieder mal zum Coiffeur gehen. Oder reut dich das Geld dafür?



:-)

Sonntag, 9. Dezember 2007





Mit der Zeit wird das Schöne 
weniger schön,
aber auch das Hässliche 

weniger hässlich.

Schönheit und Hässlichkeit haben also die Tendenz,
sich mit der Zeit, einander anzunähern.


philosophiert Herr Oter



:-)

Samstag, 8. Dezember 2007



Nur die Gegenwart zählt



Die Gegenwart ist die Bühne des Lebens, denn im Hier und Jetzt spielt sich unser Dasein ab. Also sollten wir nicht ständig in den zeitlichen Dimensionen der Vergangenheit und der Zukunft leben oder denken, denn sie sind nicht die Wirklichkeit. Nur die Gegenwart, dieser winzige Augenblick zwischen Vergangenem und Kommendem, ist die Realität und nur sie ist wichtig, ja entscheidend, denn nur sie ist beeinflussbar. Die übrige Zeit ist entweder schon gelebt und unveränderbar oder sie liegt im Ungewissen, das sich Zukunft nennt. Das eine geht mich nichts mehr an - das andere noch nicht!

Und trotzdem krame ich gerne in der Vergangenheit (ob sie nun gut oder schlecht war) und träume von der Zukunft, in der Hoffnung, dass sie traumhaft schön wird.



:-)

Mittwoch, 5. Dezember 2007



Eine gewöhnliche Klausfeier

mit einem ungewöhnlichen Nikolaus

Der Nikolaus kommt, wie überall in diesen Tagen, heute auch ins Pflegeheim.
Eine Klausfeier wie tausend andere auch, vermute ich.
Alle achtzig Bewohner sind im grossen Saal versammelt, eine Schulklasse singt rhythmische Weihnachtslieder und Jugendliche begleiten auf ihren Instrumenten. Die Tische sind, wie überall, mit Tannenzweigen, Kerzchen, einigen Nüssen und Mandarinen geschmückt, dazu gibt es heissen Punsch und Backwaren.
Der Samiklaus ist ein grosser stattlicher Mann im roten Gewand, mit einem üppigen, weissen Bart und einer schönen Mitra auf dem Kopf. Er hält einen langen Bischofstab in der Hand und trägt sein dickes, goldenes Buch unter dem Arm. Er wird, wie immer, begleitet von einem Schmutzli mit einem grossen, schweren Sack.
Der gute Gottes-Mann spricht nun ein paar einleitende Worte, freut sich wieder hier zu sein und bedankt sich für den netten Empfang und den zünftigen Applaus.
Dachte ich’s mir doch - eine ganz gewöhnliche, alljährliche Klausfeier mit einem netten Nikolaus.
Doch hier wird es nun anders - weil dieser Nikolaus anders ist.
Denn dieser Samiklaus wird nun ganz persönlich - zum persönlichen Samiklaus für jeden einzelnen Bewohner. Zum einfühlsamen Freund, der mit jedem spricht, mit jedem einzeln und allen gleich - auch, wenn die Demenz noch so ausgeprägt ist. Für jeden Anwesenden hat er aufmunternde oder tröstende Worte. Keinen übersieht er, jedem gibt er die Hand, jeden kennt er persönlich und alle, wirklich alle nennt er beim Vornamen. Auf jeden einzelnen scheint er sich gefreut zu haben, jeder scheint ihm wichtig, bei allen gibt es lobende Worte und ein ganz kurzes Beisammensein. Alle hören ihm zu und gespannt lauschen auch die übrigen Anwesenden, was über die Lautsprecher zu vernehmen ist. Ein paar tragen mit brüchiger Stimme einen Vers vor, jemand singt mit ihm zwei Strophen eines italienischen Liedes und alle strahlen den gütigen Mann an. Und dieses Leuchten in ihren staunenden Augen ist sein Dank, weil die meisten ja kaum noch Worte finden können.
Und die Wärme in seiner Stimme, die Zuversicht in seinen Worten und die Ruhe in seiner Geduld lässt die Bewohner und Angehörigen fast glauben, dass hier, der ursprüngliche, echte Sankt Nikolaus zu Besuch ist.
Aber er kommt nicht von Myra, nicht aus dem tiefen Wald, sondern aus der Küche des Pflegeheims, denn der Nikolaus ist - der Küchenchef.


:-)

Sonntag, 2. Dezember 2007




Eva und Heinz von Gitta Lehner







Verlagstext:
Wie eine Liebesgeschichte beginnt ... und in einer doppelten Kindstötung endet.
Warum? Was führt Menschen dazu, ihre Liebsten zu töten? «Eva und Heinz» ist eine fiktive Geschichte. Sie beginnt, wie viele reale Liebesgeschichten beginnen, und endet mit einer Tragödie, bei der die Mutter zur Kindsmörderin wird.
Eva liebt Heinz, Heinz liebt Eva. Auf der Liebeswiese in einer mittelgrossen Stadt träumen sie von ihrer gemeinsamen Wohnung, eigenen Kindern und einer wunderbaren Zukunft. Die jungen Eltern werden jedoch bald von der Realität eingeholt. Sie sind überfordert mit ihrer Beziehung, dem Umgang mit Geld und reklamierenden
Nachbarn. Während Heinz an seinem Arbeitsplatz wieder Boden unter die Füsse kriegt, betäubt Eva zu Hause ihre Ohnmacht mit Alkohol. Ihre Hilferufe werden nicht gehört. Die Isolation nimmt überhand und die Situation eskaliert: Eva tötet in ihrer Verzweiflung die eigenen Kinder.

Meine Kurzbeschreibung:
Eva und Heinz, sind ein junges Paar, wie jedes andere in unserem Land auch. Sie sind jung, unerfahren und oft noch nicht fertig ausgebildet. Sie haben kaum etwas, ausser vielen Träumen und die Zuversicht, dass sie alles im Griff haben.
Schnell wird geheiratet, aber das Zusammenleben wurde kaum geprobt. Schnell sind Kinder da, aber das „Eltern sein“ hat man nie gelernt. Schnell kommen dann auch die Probleme und das Unheil nimmt seinen Lauf bis zum tragischen Ende.
Alle schauen weg, nur Gitta Lehner sieht genau hin und dokumentiert,
abwechselnd aus der Sicht der Frau und aus männlicher Sicht, in einer flüssigen und spannende Schreibweise, dass es manchmal so kommt, wie es leider kommen muss, weil vor allem Unwissenheit und auch Unfähigkeit den Ablauf steuern.

Meine Meinung:
Ein sehr gutes und interessantes Buch. Schön, wenn man es auf den Inhalt bezieht, kann man vielleicht, bei der Tragik der Geschichte, nicht sagen. Schön und gelungen ist aber, aus meiner Sicht, die handwerkliche Arbeit der Autorin. Gitta Lehner ist für mich eine sehr gute Geschichtenerzählerin. Sie beschreibt die Umstände, die Beweggründe und die Abläufe so detailliert, als wäre sie mittendrin gestanden. Weil sie jedoch das fiktive Geschehen (das aber genau so, jeder Zeit geschehen könnte) nicht wertet, steht sie als Betrachterin doch ausserhalb.
Ich empfehle dieses Buch jedem, denn es weckt auch das Verständnis für Vorfälle, die sich in der Schweiz immer häufiger ereignen. Aber ganz besonders möchte ich dieses aufwühlende Buch jungen Lesern ans „stürmische“ Herz legen, damit sie merken, dass sich das Leben auch so entwickeln kann, wenn man vor lauter Eifer, in der Eile vergisst, zuerst ein gutes Fundament zu bauen, bevor man ein Zuhause darauf stellt.
Ich meine, das wäre doch eine gute, lehrreiche Lektüre für den Deutschunterricht in der Schule.

Die Autorin:
Gitta Lehner, 1964 in Frankfurt am Main geboren und in der Innerschweiz aufgewachsen. Sie liess sich zuerst zur Hochbauzeichnerin ausbilden, anschliessend zur Sozialarbeiterin und Wirtschaftsinformatikerin. Seit 1997 arbeitet sie bei der Caritas Luzern im Bereich der Flüchtlingshilfe und lebt mit ihrer Tochter in Reussbühl bei Luzern.

Meine Bewertung:
(Bei Personen, die ich persönlich kenne, erlaube ich mir keine Bewertung.
Ich bewundere einfach diese Leistung.)


Eva und Heinz von Gitta Lehner

Gebundene Ausgabe: 200 Seiten
Verlag: Appenzeller (13. März 2006)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3-85882-426-7
ISBN-13: 978-3-85882-426-4

:-)



"Lebenserfahrung"


Gedankenverloren hebt und senkt er das Teeei im Wasserglas.
Rote dünne Schlieren entströmen den feinen Löchern und schweben, wie purpurne Nebelschwaden im Abendrot oder wie zerfliessende Blutstropfen im Wasser. Und mit jeder Bewegung werden es mehr - mehr Schlieren, mehr Schwaden, mehr Blutrot und mehr Gedanken. Dabei verdichten sich die Schwaden zu Tee, die Gedanken zu Sorgen und bald beherrschen beide ihre Elemente: Die rote Farbe trübt das Teewasser und die Sorgen trüben seinen Geist.
Wie auf einer zweiten, parallelen Ebene lenken ihn diese dunklen Gedanken immer mehr ab. Dabei hüpfen sie im Sekundentakt pausenlos und endlos von einem Problem zum nächsten. Wie einer Aufstellung folgend, springen sie von einem Punkt zum anderen, die Liste hinunter und wieder hinauf und gleichzeitig drehen sie sich unablässig im Kreis.
In seinem Hinterkopf fordern die offenen Fragen ständig nach Antworten. Doch als hätten sie sich ineinander verheddert, zieht eine Fragestellung gleich die Nächste mit sich, ohne eine Antwort abzuwarten. Alles scheint verkettet, verknüpft und ineinander verhackt. So sind viele kleine Knoten zu einem grossen, schweren Knäuel aufgewickelt, ohne Anfang oder Ende.
Er sieht sich ausserstande, dieses Gewirr zu entflechten, um dann die einzelnen Knoten zu lösen. Im Gegenteil, je mehr er daran zerrt, umso mehr zieht sich alles zusammen. Dazu leidet er unter laufend abnehmender Motivation und ständig zunehmenden Antriebsschwierigkeiten.
Das macht ihm Angst und diese Angst schnürt seine Kehle zu. Sie hockt ihm im Nacken, wie eine rasch grösser werdende Kröte, die sich nicht mehr abschütteln lässt und ihn zu Boden drücken droht.
Ja, er hat Angst. Grosse Angst vor allem und jedem - aber gleichzeitig verkauft er seine Angst gerne andern als Klugheit, Wissen und Erkenntnisse, die man durch Beobachten und Nachdenken erwerben kann.
Das beschreibt er dann gerne, seinem Alter entsprechend, als Lebenserfahrung.


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Samstag, 1. Dezember 2007



Die Frage des Tages:



Schreibst du auch?
Anlässlich des Bücherjahres des ISSV mit 8 spannenden Lesungen und interessanter Diskussion im Hotel Continental-Park in Luzern.


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